Reisebericht

Straßenhunde des BAlkans


Soooo, hier nun mein Reisebericht! Ein kleiner Auszug über meine Erfahrungen, meine Gedanken, meine neuen Eindrücke von der Reise durch Bulgarien und Rumänien.

mit wem war ich unterwegs?

 

10 Tage lang begleiteten Alex, Deniz und ich; Mike (Einheimischer und Dolmetscher) und Gerd Schuster (www.hundezentrum.de) bei einer Tour durch den Balkan. Gerd beobachtet, filmt und dokumentiert schon seit vielen Jahren die Straßenhunde in Bulgarien und Rumänien.

 

Was erwartete uns auf dieser spannenden reise?

 

Wir fuhren die Strecke mit einem Transporter.

Hinfahrt knapp 45std. - 2000km.

Warum mit dem Auto?

Damit wir alles sehen, überall anhalten und uns besser ein Bild von dem Land, den Menschen und den Hunden machen konnten.

Auch um wahrzunehmen, wie anstrengend so eine lange Fahrt sein kann. Wir konnten uns direkt in die Hunde und Katzen hineinversetzen, die diese Strecke auf sich nehmen müssen, um nach Deutschland gekarrt zu werden und das aber ohne Gassipausen. Kein schöner Gedanke...

 

Auf dem Programm stand:

  • Vergleich der Straßenhunde in der Stadt und auf dem Land!
  • lernen zu differenzieren - welcher Hund ist ausgesetzt, Streuner oder Straßenhund?
  • Differenzieren von Leid durch Mensch oder Krankheit?
  • Verhaltensbeobachtungen

das haben wir alles gesehen, erlebt und darüber hinaus noch vieles mehr!!

Warum habe ich die reise gemacht?

Ich habe mich für diese Reise entschieden, weil ich mir als angehende Hundetrainerin gerne ein Gefühl und Wissen über Straßenhunde aneignen möchte, um sie besser zu verstehen und mir selbst ein Bild von den Menschen und ihrem Land zu machen, wo die Hunde herkommen.

Wie leben sie auf den Straßen? Wie verhalten sie sich gegenüber dem Menschen und anderen Hunden? Wie kommen sie zurecht?

Da ich hier in Deutschland über die Medien, von einigen Menschen und Organisationen so viel Schlechtes über die Länder gehört habe, dass die Menschen die Hunde dort sehr schlimm behandeln, brutal & überall töten würden, es nur Elend und Leid gibt und dass es dort die Hölle für die Tiere sein soll. Davon musste ich mir unbedingt ein eigenes Bild machen!

Unsere fahrt, was wir gesehen, erfahren und erlebt haben...

Unsere Reise startete morgens früh um 5 Uhr am Hundezentrum Mittelfranken. Ich war gespannt, wer alles mitkommen würde. Oh, 3 Männer und ich...wie cool, dass wird ein unkompliziertes Abenteuer :-)! Auf Anhieb haben wir uns alle sehr gut verstanden...beste Vorrausetzung, um 10 Tage 24 Std. non-stop zusammen zu verbringen. Und ich kann sagen, wir hatten eine tolle und sehr lustige Zeit zusammen.

Los ging unsere Reise in einem schönen, komfortablen Ford Transporter, der uns in den kommenden Tagen überall hinfuhr und in dem wir auch auf der langen Fahrt gut nächtigen konnten.

Wir fuhren über Österreich, Ungarn nach Rumänien. Während der Fahrt sahen wir, ausgenommen von Österreich und Ungarn, schon viele Straßenhunde in Rumänien, die auf den Rast- und Tankstellen leben. Alle Hunde sahen bis jetzt sehr gut aus. Menschen werfen ihnen ihr übrig gebliebenes Essen hin und treten den Hunden freundlich gegenüber. Sogar die Menschen, die an den Raststätten arbeiten, kümmern sich ebenfalls um die Hunde. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Genauso die Lkw-Fahrer, einige geben ihnen Futter und die Hunde bewachen im Gegenzug den Platz.

Auf unserer Fahrt haben wir auch tote Hunde am Straßenrand liegen sehen. Wir können uns das so erklären, dass dort, wo eine Überpopulation an Tieren ist, auch Unfälle passieren. Gerade die Rüden, die eine gut riechende Hündin in der Nase haben, sind oft unaufmerksam. Junge Hunde, die noch nicht so erfahren sind, fallen oft dem Verkehr zum Opfer. Ebenso ergeht es den Hunden, die von Rast- zu Raststätten wandern. Sie nutzen auch die Straßen, um voranzukommen.

Weiter auf unserer Fahrt durch Rumänien nach Bulgarien sahen wir zahlreiche Hunde und Menschen, die total relaxt sind und die Hunde tolerieren.

Um nach Bulgarien und zu unserem Lager zu gelangen, nahmen wir spät abends, ich sag mal ein abenteuerliches Autofloß :-) über die Donau.

In den nächsten Tagen stand auf dem Plan, die Hunde in der Stadt,- sowie auf dem Land zu beobachten und zu schauen, wie die Menschen mit den Straßenhunden umgehen. Gerd Schuster kennt in der Stadt einige Hunde und stellte uns diese vor, denn er beobachtet sie schon seit Jahren. Wir waren Tag und Nacht unterwegs und machten uns ein Bild darüber, wie die Hunde leben. Dafür war es ganz gut, länger in einer Stadt zu bleiben, um die einzelnen Hunde zu beobachten, sie wieder zu erkennen, zu sehen wie und mit wem sie leben, in welchen Stadtteilen sie sich aufhalten und wann sie am aktivsten sind.

Was denkt ihr bei Anblick dieses Hundes?

Man könnte meinen "oh der Arme", warum liegt er da? Wieso kümmert sich denn keiner? Oft werden bei Anblick so eines Bildes viele Emotionen hineingedichtet.

z.B. er könnte verletzt oder ausgesetzt sein!

So in etwa habe ich früher auch gedacht. Heute denke ich anders. Es ist wichtig, ganz genau zu unterscheiden.

Dieses "leidige Bild" ist nur ein erzeugtes Bild unserer westlichen Gesellschaft und wird uns oft als Leid verkauft. Wir können es oft nicht verstehen und ertragen, dass Hunde auch alleine gut zurechtkommen können. Zu denken, dass es diesem Hund, der nicht krank aussieht, der sogar neben Futter und einer Schüssel Wasser liegt, schlecht gehen würde und ihn vielleicht noch seiner Freiheit zu berauben, wäre purer Egoismus und kein Tierschutzgedanke. Warum? Weil man nicht genau beobachtet und nicht mit dem Herzen hinschaut.

Tagsüber sind sie Einzelgänger, ruhend oder auch bettelnd zwischen den Menschen. Abends trafen wir den hübschen schwarz/braunen Kerl, wir nannten ihn Bernd, im Park in Gemeinschaft mit seinen Freunden, Kumpels oder Familie wieder.

Auch eines Nachts, wie hier auf dem Foto, war Bernd mit seinen 5 Freunden unterwegs und hatten sich von unserer Anwesenheit nicht stören lassen. Sie waren freundlich und freuten sich über ein paar Streicheleinheiten. Es ist schön und stimmt mich glücklich, die Hunde so zu sehen.

Es gibt viele Ansichten und Meinungen der Menschen über Straßenhunde. Einige sehen nur das Leid, andere nur das Geschäft (Handel) mit ihnen, viele sehen sie sogar als Plage, fühlen sich gestört (meist Urlauber) oder sehen nur arme Seelen in den Hunden.

Die Hunde haben großes Vertrauen in uns Menschen, um das alles zuzulassen....

Wir sahen in den Straßenhunden die Freiheit und Unabhängigkeit!

Viele Obdachlose leben in Symbiose mit den Hunden. Sie suchen zusammen nach Nahrung und profitieren voneinander. Gegenseitiger Halt - ein Geben und ein Nehmen.

Die Hunde wissen ganz genau, wie und wen sie anbetteln müssen. Sie haben sich darauf spezialisiert, wie sie sich verhalten müssen, um etwas zu bekommen.

Selbst die Einheimischen kümmern sich und füttern die Hunde. Auch im Restaurant fällt gerne mal was ab, denn wenn die Chance da ist, Essensreste zu bekommen, werden sie diese auch nutzen. Überall werden Wasserschüsseln und Reste vom Essen neben die Mülltonnen gestellt.

Wir sahen von den Menschen viel Lächeln, Freude und Streicheleinheiten für die Hunde.

Das MüLl problem...

Wo viel Müll ist, sind auch viele Tiere. Möwen, Katzen, Hunde und andere Tiere profitieren davon. Da, wo das Nahrungsangebot gut ist, kann man auch gut leben und sich vermehren.

Straßenhunde auf dem Land

Wir sind viel umhergefahren und wollten auch wissen, wie es den Hunden auf dem Land ergeht. Werden sie anders behandelt? Gibt es dort mehr Leid? Ich finde nein.

Die Hunde, die frei und unabhängig vom Menschen leben, leben auch auf dem Land sehr gut mit ihnen. Dort ist es oft einsamer und nur die Stärkeren kommen durch.

Wie leben die Haushunde?

Auch die Einheimischen halten Haushunde ganz normal. Naja, was ist normal? Wir sind eher verrückt, was unsere Hundehaltung betrifft ;-)

Wir sahen viele Hunde, gehalten als normale Familienhunde, so wie wir es kennen.

Dennoch gibt es dort für den Hund auch nicht so schöne Haltungsformen. Manche Dinge gehen für mich auch nicht, aber der Hund soll dort auch noch seinen Zweck erfüllen und da kann es schon sein, dass er z.B. an der Leine oder in einem zu kleinen Zwinger als Wächter gehalten wird. Vor nicht all zur langer Zeit war dies in Deutschland auch noch gang und gäbe und ist es teilweise heute noch. Das heißt ja nicht, dass es ihnen unbedingt schlecht gehen muss, die Hunde haben dort noch ihre Aufgabe und es wird ihnen nicht wie bei uns, jeder Pups bewertet und untersagt.

Aber wo setzt man da an? Brauchen die Menschen überhaupt unsere Unterstützung? Wie gibt man Wissen weiter?

Fragen über Fragen, die mich immer noch beschäftigen...

Beispiele von was ist leid und wer braucht wirklich hilfe?

Hilfe brauchen kranke, verletzte und ausgesetzte Hunde. Das muss man genau beobachten, unterscheiden, erkennen und richtig handeln.

 

Ausgesetzter Welpe...

An einem Tag fuhren wir über das Land auf der Suche nach Spuren von Tieren.

Als wir an einer abgelegenen Stelle anhielten, fiel uns eine abgeschnittene Flasche mit Wasser auf. Wir haben uns erst nichts weiter dabei gedacht. Als wir zurück zum Auto kamen, haben wir einen Welpen entdeckt, der Schutz vor der Sonne unter einem Berg von Autoreifen gesucht hat. Wir beobachteten ihn einige Zeit. Er war allein, sehr zutraulich, etwas verspielt und folgte uns. Er schien wohl Menschen zu kennen. Wir warteten noch einige Zeit, ob vielleicht die Mutter in der Nähe sei. Normalerweise werden die Welpen von ihren Müttern allein gelassen, wenn sie auf Nahrungssuche sind. Aber es kam niemand. Gerade die Wasserschüssel deutete sehr auf einen ausgesetzten Welpen hin. Er war ca. 8 Wochen alt und etwas ausgemergelt. Wir entschlossen uns, den Welpen mitzunehmen. Sogar Autofahren war ihm nicht fremd. Ein verwilderter Welpe, der noch von der Mutter versorgt wird, würde nicht so offen sein, sondern eher scheu und zurückhaltend. Der Kleine hatte Glück und wir vermittelten ihn gleich an eine nette Bulgarin, die sich eh einen Hund zulegen wollte...und zack hatte sie einen. Somit blieb ihm das Tierheim erspart, welches für ein kleines Hundebaby eh nicht so gut ist, denn Stress und Keime könnten für den Kleinen lebensbedrohlich werden.

Ausgesetzte Hündin!

 

Auf unserm Heimweg nach Deutschland, fanden wir diese Hündin an einem Rasthof. Sie war definitiv ausgesetzt. Das Fell war extrem verfilzt, sie war abgemagert, hatte Räude und konnte nicht gut laufen. Viele Spuren deuteten auf eine schlechte Haltung des Tieres hin und somit auch auf einen ausgesetzten Hund. Da es schon abends war, die Hündin sich auch nicht hochnehmen ließ, wir uns letztendlich auch nicht in Gefahr begeben wollten und es noch bis zur Grenze nach Ungarn schaffen mussten, haben wir die Hündin mit Futter und Wasser erstversorgt. Wir baten einen Tierschutz vor Ort um Mithilfe, dieses Tier abzuholen. Die Hündin wurde später abgeholt und ist nun hoffentlich in guten Händen.

was kann man selber tun? Was für die HUNDe?

  • Die Länder bereisen und lernen zu unterscheiden! Sich selbst ein Bild machen.
  • Die Hunde einfach nur beobachten. Jeden Tag! Wie leben sie? Wo leben sie? Mit wem leben sie zusammen? Welche tierischen und menschlichen Freunde haben sie? Wie organisieren sie sich ihr Futter? Welche Strategien haben sie entwickelt? Wo schlafen sie? - Einfach die Hunde kennen lernen und Verhaltensbeobachtungen durchführen, bevor man unüberlegt handelt und sie ihrer Freiheit entraubt!
  • Differenzieren und den Tieren helfen, die wirklich Hilfe benötigen!
  • individuell vor Ort helfen und auch gerne mal gegen den Strom schwimmen!
  • seriöse Tierschutzvereine von unseriösen Tierschutzhändlern unterscheiden und die Seriösen in ihrer Arbeit unterstützen, z.B. Kastrationsprojekte!
  • Menschen anderer Kulturen nicht belehren und Vorwürfe machen, sondern wohlwollend und respektvoll Informationen und Wissen austauschen.
  • genau hinsehen, zuhören und erst denken, statt emotional zu handeln!

Anderes Land, andere Sitten und eine ungewisse zukunft für den geretteten straßenhund?

Auch hier gibt es verschiedenen Seiten. Vielen Straßenhunden geht es bei uns gut und sie sind glücklich, weil sie die Hilfe bekommen haben die sie brauchten.

Andere sitzen immer noch in Tierheimen und sind kaum vermittelbar. Sie haben es hier sehr, sehr schwer und kommen in unserer Welt einfach nicht zurecht. In vielen Straßenhunden, auch Welpen und Junghunden, die auf den Straßen geboren sind, steckt immer noch ein Stück Wildnis! Man kann das gut vergleichen mit einer Katze, die auf einem Bauernhof geboren ist, gut lebte, jagen gehen und sich vermehren konnte, eingefangen wird und nun ihr Dasein in einer 2 Zimmer Stadtwohnung fristet und Kunststückchen lernen muss. Die Hunde können nie wieder frei agieren und es kann passieren, dass sie dadurch verzweifeln und zu Beißern werden.

Fazit & weitere Gedanken!

Bulgarien und Rumänien sind zwei wunderschöne Länder und ich bin mit Sicherheit nicht das letzte Mal dort gewesen.

Ich glaube, es ist und bleibt mit den Hunden dort eine never ending story, ein Fass ohne Boden und das seit über 10 Jahren Tierschutzarbeit!

Ich vermisse die Straßenhunde sehr, sie sind Freunde auf den Straßen!

Die Hunde und Menschen leben gut und frei miteinander, denn das ist die älteste Mensch- Hund- Beziehung, die es gibt, fernab von Hundeschule, Dressur und Kunststückchen. Die Hunde dürfen sich noch verhalten.

Wenn man über ein fremdes Land schimpft, sollte man sich bitte erst im eigenen Land umschauen. Auch werden bei uns Hunde und allgemein Tiere vergiftet, ausgesetzt, gequält und sonstiges Leid zugefügt.

Sind wir dann immer noch die besseren Menschen?

Ich kann die Aussagen von Gerd nur bestätigen, dass dort die Tötungen und Verfolgungen immer nur situativ und regional stattfinden und nicht im ganzen Land. Selbst die Einheimischen versuchen dies zu verhindern und gehen die Hundefänger an.

Im Winter stellen sie sogar Kartons für die Tiere raus und gewähren ihnen Unterschlupf. Wie kann es dann sein, dass ein ganzes Land wegen Ausnahmefällen so in Verruf gerät? Leid, Krankheit und Armut gibt es auf der ganzen Welt!

Gefühlt nimmt der Handel und die Vermittlung der Straßenhunde immer weiter zu und fast jeder Zweite hat heutzutage schon einen "geretteten" Straßenhund zuhause. Wieso ist das so? Sind unsere Hunde in unseren Tierheimen zu anstrengend, aggressiv und zu auffällig??? Hmmm...die wollen auch gerettet werden und zurück ins Leben finden. Wer nimmt aber heutzutage noch diese Aufgabe und Verantwortung auf sich?

Abgesehen davon sind dort auch einige vergessene Straßenhunde dabei, die kaum bis gar nicht vermittelbar sind oder auch kein wirkliches Interesse haben, mit dem Menschen zusammen zu leben...Was passiert mit denen? Genau hier hat man nicht richtig hingeschaut, wer hilfebedürftig war und wer nicht. Und das stimmt mich sehr traurig. Durch falsch verstandene Tierliebe, Handel und Egoismus bringt man gut funktionierende Familienhunde und Freunde auseinander, die seit Jahren zusammen auf den Straßen leben. Tierschutz ist natürlich sehr wichtig, aber ich glaube, wir können das Bild, so wie wir es gerne hätten, nicht wirklich ändern, unsere Tierheime sind voll und die Tierheime dort auch. Angebot und Nachfrage bestimmt immer den Weg der Zukunft.


Danke....

Blagodarya an Gerd Schuster, für diese tolle Reise und die gesamte Organisation inklusive aller Planänderungen :-)

Zusammen mit Mike zeigtest du uns die Länder sehr intensiv, damit wir lernen, diese auch ein bisschen zu fühlen. Nicht ohne Grund wollten wir gerne dort bleiben.

Wir haben so viel von dir lernen können...

Tierschutz fängt an, wenn man lernt zu differenzieren und zu erkennen wo richtiges Leid beginnt und wo keines ist. Gerd hat das Herz am rechten Fleck und lebt für das Land und für die Tiere. Er schaut hinter die Kulissen, da wo andere den Blick für verloren haben.

Danke für diesen Einblick in deine Arbeit! Mach weiter so, deine Arbeit und Aufklärung ist so wichtig...

 

Blagodarya auch an Deniz und Alex, wir waren ein cooles und lustiges Team!!!!